Fragebogen der BI Brennernordzulauf

Die Bürgerinitiative in Kolbermoor zum Brenner Nordzulauf hat einen Fragebogen zur Thematik Brennernordzulauf vorbereitet, damit die Bürger*innen sich ein eigenes Bild machen können, wie zukünftige Vertreter der Stadt Kolbermoor dazu stehen.

Wir haben gegenüber unseren Bürger*innen einen Informationsauftrag, mit dem wir nicht leichtfertig umgehen. Daher werden wir zu den Fragen auch detaillierte Anworten liefern, denn wichtige Fragen bedürfen umfassender Antworten, ganz im Sinne der Bürgerinitiative:

„Gut informiert, aktiv mitgestalten“

Um den Platz auf der Homepage der Bürgerinitiative Nordzulauf nicht über Gebühr zu beanspruchen, hier nun alle Fragen der Bürgerinitiative und unsere Antworten (in grüner Schrift) darauf.

Die laufenden Planungen der Deutschen Bahn nach dem aktuellen Bundesverkehrswegeplan BVWP 2030 zum Aus- und Neubau einer Hochgeschwindigkeitstrasse als Brenner-Nordzulauf stellen für Landschaft, Natur und Umwelt eine tiefgreifende Veränderung und für die betroffenen Menschen und Gemeinden im Landkreis Rosenheim eine existenzielle Bedrohung dar. Die Planungsgrundlage nach dem Bundesverkehrswegeplan 2030 ist eine zweigleisige Neubaustrecke, ausgelegt für Personen- und Güterverkehr mit 400 Zügen pro Tag, einer maximalen Geschwindigkeit von 230 km/h und Zuglängen von bis zu 740 m.

Fragen

1. Wie stehen Sie zum Brenner-Nordzulauf in seiner derzeitigen Planung nach dem Bundesverkehrswegeplan?

Die derzeitige Planung lässt bedauerlicher Weise kein schlüssiges und zweckmäßiges Gesamtkonzept erkennen, sei es aus fehlender Transparenz oder veralteter und untauglicher Planungsgrundlage. Die Verlagerung des Güterverkehrs ist ein elementarer Baustein einer nachhaltigen, verantwortungsvollen und zukunftsfähigen Verkehrspolitik. Jedoch ohne ein strukturiertes und wohldurchdachtes Gesamtkonzept, ist die zusammenhangslose Planung einer Neubaustrecke nicht mehr als ein Feigenblatt für eine veraltete Verkehrspolitik, die sich um eine Fassade im Sinne des vorherrschenden Zeitgeists bemüht.

2. Was halten Sie von dem Vorschlag der Bürgerinitiativen und dem Planungsbüro Vieregg&Rössler, für den Brenner-Nordzulauf anstelle eines Neubaus die Bestandsstrecke umfassend mit einem entsprechenden Lärmschutz zu modernisieren?

Jedem Gutachten wohnt von Beginn an die Möglichkeit eines Gegengutachtens inne. Welches Gutachten letztlich als tauglich für einen Planungsprozess erachtet wird, hängt maßgeblich von den Parametern der Planung ab. Somit gilt es zunächst die Datengrundlage des Bundesverkehrswegeplans auf Aktualität und seriöse Prognosefähigkeit im Sinne der wirtschaftlichen und demografischen Entwicklung in der Region zu betrachten, dafür fordern wir vollständige Transparenz und Offenheit im Dialog. Unabhängig davon ist Modernisierung der Bestandsstrecke sowieso zwingend erforderlich, losgelöst von der Planung einer Neubaustrecke, denn sie bietet ein enormes Potential an Mehrwert für alle Bewohner*innen der Region.

3. Welche Erwartungen haben Sie an die örtliche Bürgerinitiative?

Die örtlichen Bürgerinitiativen kommen Ihrer Pflicht, die Interessen der Bürger*innen auf einer parteipolitisch neutralen Ebene zu vertreten mit viel Engagement und Nachdruck nach. Wir erwarten, dass die Bürgerinitiativen sich weiterhin der parteipolitischen Neutralität verschreiben und somit eine glaubwürdige, themenorientierten und fokussierte Vertretung der Bürger*innen in der Sache darstellen. Dies befördert eine ergebnisorientierte Zusammenarbeit zum Wohle der Bürger*innen, deren Wohlergehen stets im Fokus unserer Arbeit steht.

4. Wie wollen Sie mit der örtlichen Bürgerinitiative zusammenarbeiten?

Die Grünen Kolbermoor sind engagierte Unterstützer*innen der Bürgerinitiative seit ihrer Gründung. Diese Zusammenarbeit möchten wir fortsetzen. Dialogbereitschaft und Transparenz in der Zusammenarbeit schätzen wir sehr und sehen in diesem Sinne eine starke Basis für effektive und nutzbringende Kooperation.

5. Welche Zusammenarbeit beim Thema Brenner-Nordzulauf wollen Sie mit den Nachbargemeinden anstreben?

Diese Frage trägt die Antwort bereits in sich: Zusammenarbeit. In einer Welt, in der Vernetzung bereits ein Wert an sich geworden zu sein scheint, steht es außer Frage, eng mit den Nachbargemeinden zusammenzuarbeiten. Diese Zwangsläufigkeit verstärkt sich natürlich besonders, wenn es sich um Projekt von großräumiger Bedeutung handelt. Wir vertreten die Bürger*innen Kolbermoors, sehen diese Interessen jedoch nicht isoliert, sondern sind an einer tragfähigen Lösung für Mensch, Tier und Umwelt aus einer ganzheitlichen Sicht heraus interessiert. Kernelemente einer engen und gewinnbringenden Zusammenarbeit sind erneut Dialogfähigkeit, Transparenz und Ehrlichkeit. Darauf setzen wir.

6. Falls Politik und Bahn den Neubau dieser Hochleistungsstrecke trotz des sehr großen Widerstandes der Bürger in unserer Region umsetzen, wie müsste für Sie dann eine gute Lösung des Brenner-Nordzulaufs in unserer Kommune aussehen?

Eine gute Lösung berücksichtigt selbstverständlich die größtmögliche Anzahl von Einzelinteressen im größtmöglichen Umfang. Dazu zählen die Belange von Mensch, Tier und Natur gleichermaßen. In Abwägung dieser Interessen kommt man sehr schnell auf eine gemeinsame Schnittmenge: es muss eine minimalinvasive Lösung mit vollumfänglicher Bereitstellung aller nutzbringenden Anforderungen gefunden werden. Es ist davon auszugehen, dass in diesem Sinne die beste Lösung nicht zwingend die kostengünstigste sein kann.

7. Wie würden Sie sich dafür einsetzen, dass diese Lösung verwirklicht wird?

Ein gutes Netzwerk in Landes-, Bundes- und Europapolitik erleichtert die Umsetzung einer bestmöglichen Planung. Obwohl wir als Stadträt*innen entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip die Interessen Kolbermoors vertreten, sind wir eingebunden in eine Vernetzungsstruktur aller Ebenen, die sich jederzeit hilfreich und unterstützend zur Seite stehen. Wo die eigene Kompetenz an Grenzen stößt, holt man sich Unterstützung an der passgenauen Stelle.

30% des derzeitigen LKW-Verkehrs im Inntal und über den Brenner entfällt auf Umwegeverkehr (bis 400km Umweg), weitere 30% auf Mehrwegverkehr (bis 200km Umweg). Der Umwegeverkehr wird ausschließlich durch günstigere Treibstoffpreise in Österreich und niedrigere Mautgebühren in Italien und Deutschland verursacht. Würde jeder Alpentransit auf der kürzesten Strecke erfolgen, könnten sofort über 800.000 LKWs pro Jahr auf der Inntalstrecke entfallen.

8. Glauben Sie, dass allein durch den Neubau (ohne weitere Maßnahmen) einer Bahnstrecke der LKW-Güterverkehr auf der Brennerautobahn reduziert werden kann?

Nein, ohne Maßnahmen, die eine positive Lenkungswirkung entfalten, wird die Verlagerung des LKW-Güterverkehrs nicht vom Himmel fallen.

9. Welche Maßnahmen halten Sie für notwendig, um den Güterverkehr auf der Straße im Inntal zu verringern?

Wir Grüne wollen eine wirksame Verlagerungspolitik von Güterverkehr auf die Schiene umsetzen. Um alpenquerenden Verkehr gemeinsam mit unseren Nachbarn regulierend zu bepreisen und vorhandene Gütertransportkapazitäten optimal auslasten zu können, wollen wir eine Alpentransitbörse einführen. (LDK-Beschluss GRÜNE Bayern, Februar 2018). Des Weiteren ist die Verlagerung durch folgende flankierende Maßnahmen zu unterstützen: Korridormaut, Nachtfahrverbot, sektorale Fahrverbote und Maßnahmen zur Vermeidung von unnötigen Verkehren.

Ihre Stadtratskandidatinnen und Stadtratskandidaten von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Kolbermoor