Die Sitzung begann, wie in der Stadtratssitzung vom September beschlossen, mit der ersten Bürgerfragestunde. Ganz gespannt waren wir auf die ersten Beiträge und wurden nicht enttäuscht. Die neu geschaffene Bürgerfragestunde wurde sehr gut angenommen, eine Bürgerin und ein Bürger nutzten die Gelegenheit, ihre Fragen an die Verwaltung zu stellen. Ein toller Erfolg. Wir hoffen, dass die Bürgerfragestunde weiterhin rege genutzt und nach der Probephase dauerhaft übernommen wird.
Als erste Tagesordnungspunkte wurde die Vergabe Hochbau mit Elektro- und Maschinentechnik sowie wie der Rohrleitungsbau für die Vakuumstation in Pullach beschlossen. Die Kosten für den Rohrleitungsbau liegen zwar leicht über den berechneten Kosten der Verwaltung, da die Umsetzung allerdings recht aufwendig ist und es zu keiner Bauverzögerung kommen sollte, dann vermutlich mit noch weiteren Mehrkosten zu rechnen ist, wurde die Vergabe entsprechend dem Vorschlag der Verwaltung beschlossen.
Als nächster Punkt auf der Tagesordnung wurde die Vergabe der Stahlarbeiten am Neubau der Tonwerksunterführung besprochen. Das wirtschaftlichste Angebot lag erfreulicherweise weit unter den berechneten Kosten der Verwaltung. Auch dem konnten wir zustimmen.
Im nächsten Tagesordnungspunkt ging es um die Umsetzung des Radverkehrskonzepts mit kontinuierlichem Monitoring. Im Hauptausschuss wurde der Beschluss das Thema bereits vorab diskutiert. Der erste Vorschlag der Verwaltung sah einen Anteil des ÖPNV von 6% vor. Viel zu wenig, da der Bundesdurchschnitt bereits bei 10% ist. Im Hauptausschuss wurde von der Grünen Fraktion gefordert, auch für Kolbermoor den Anteil des ÖPNV mindestens auf den Bundesdurchschnitt anzupassen. Dem kam die Verwaltung nach und die Beschlussvorlage für den Stadtrat wurde entsprechend angepasst. Durch die Umsetzung des Radverkehrskonzepts soll der Anteil des Radverkehrs bis 2035 auf 38% steigen, der Anteil des Fußverkehrs auf 17%, der Anteil des ÖPNV auf 10%, andere Verkehrsmittel auf 5%, so dass der Anteil der zurückgelegten Wege mit dem privaten PKW folglich auf 30% gesenkt werden soll.
Der Klimaschutzmanager, Herr Korndörfer, erläuterte nochmals die Details zur Umsetzung. Ich bat die Verwaltung, die Umsetzung der einzelnen Maßnahmen für die BürgerInnen transparent zu gestalten und Fortschritte in den Stadtnachrichten zu veröffentlichen. Die Verwaltung hat diesen Punkt aufgenommen. Des Weiteren regte ich an, in der nächsten Erhebung beim Kfz-Verkehr zwischen Fahrzeugen mit Verbrenner und alternativen Antrieben zu differenzieren. Alternative Antriebe leisten einen nicht unerheblichen Beitrag zum Klimaschutz und sollten entsprechend erfasst werden. Eine Verringerung der Verbrenner am Kfz-Anteil neben einer generellen Reduzierung des Kfz-Anteils ist unbedingt anzustreben. Der Klimaschutzmanager sicherte eine Differenzierung zu.
Bei den Kindertagesstättenangelegenheiten wurde der bereits in Aussicht gestellte Zuschuss für die Kindertagesstätte Wiederkunft Christi beschlossen. Im Gegenzug verpflichtet der Träger die Räumlichkeiten für weitere 15 Jahre als Kindertagesstätte zur Verfügung zu stellen.
Der zweigruppige Kindergarten Holzwürmchen (Träger: Diakonie) ist derzeit im ehemaligen Gebäude von Steelcase untergebracht. Durch einen Besitzerwechsel der Immobilie und Unstimmigkeiten zwischen neuem Eigentümer und Verwaltung wurde der Mietvertrag gekündigt. Mittelfristig ist geplant, diese Einrichtung in der Spinnerei unterzubringen. Mit der Fertigstellung ist allerdings nicht vor 2023/24 zu rechnen, so dass eine Übergangslösung gefunden werden muss. Vorschlag Seitens der Verwaltung ist eine Pavillonbauweise, unter Berücksichtigung des steigenden Bedarfs, von mit bis zu vier Gruppen. Es muss ein geeignetes Grundstück zur Pacht oder Miete gefunden und die Pavillons beschafft werden. Ein sehr sportliches Ziel, wenn man bedenkt, dass die Kindertagesstätte bereits im September 2021 in Betrieb gehen soll. Daher forderten wir die Verwaltung auf, die Übergangskindertagesstätte auf einem städtischen Grundstück unterzubringen, um nicht Steuergelder für eine vorübergehende Pacht zu vergeuden. Wir finden die Wiese an der Pauline-Thoma-Schule besonders gut geeignet. Herr Bürgermeister Kloo entgegnete, dass man schon einige geeignete Grundstücke im Auge hätte und man sich jetzt nicht festlegt. Das Grundstück an der Pauline-Thoma-Schule scheint allerdings nicht sein Favorit zu sein. Herr Bürgermeister Kloo begründete dies damit, dass dort neben der Schule bereits einige Kindertagesstätten vorhanden sind und sich dann alles zentriert. Ich meinte, dass dies doch nur eine „Übergangslösung“ werden soll und diese wieder Rückgebaut wird, wo denn da das Problem ist. Oder hat der Bürgermeister etwa andere Pläne? Lassen wir uns überraschen.
Auf Nachfrage von Herrn Stadtrat Reischl, wie denn der aktuelle Stand beim Bau der Kindertagesstätte an der Hölderlinstraße ist teilte Herr Meixner mit, dass „unerwartet“ Schwierigkeiten aufgetreten sind, da der Seetonboden bereits 1,2 Meter unter der Oberfläche beginnt. Es kann nur noch eine „dünne“ Begrünung stattfinden. Also richtig „perfekt“ für ein Grundstück am Rande eines Naturschutzgebietes. Vielleicht schafft man es sogar komplett auf Grün zu verzichten und alles mit Kies aufzuschütten – wundern täte es mich nicht.
Am Ende der Ratssitzung bat Stadtrat Dr. Berthold Suldinger darum, eine Erklärung abgeben zu dürfen. Es ging um die Veranstaltungsreihe „Nachdenken über Corona“ der Kolbermoorer VHS, insbesondere der von der VHS-Leitung in Abstimmung mit Bürgermeister Peter Kloo und der Hauptamtsleiterin ausgewählten, teils umstrittenen Referenten. Seitens der SPD-Fraktion wurde ein Dringlichkeitsantrag gestellt, die komplette Veranstaltungsreihe abzusetzen. Dieser Antrag wurde im Stadtrat mehrheitlich angenommen, um weitere Hintergrundinformationen zu bekommen. Nach einer sehr emotional geführten Diskussion einigte sich der Stadtrat darauf, den Antrag so abzuändern, nur den Vortrag von Professor Dr. Franz Ruppert abzusetzen. Wir haben mit Verwunderung die Eskalation zu diesem Therma erlebt, die auch uns in dieser Schärfe überrumpelte.
Grundsätzlich stehen wir Grüne jederzeit für das Grundrecht der Meinungsfreiheit. Die inhaltliche Ausrichtung dieses einen Referenten, die auch mit Freiheitsrechten in Konflikt gerät, erschien uns jedoch als äußerst fragwürdig. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) stellte erst vor einem Jahr klar, dass der Beutelsbacher Konsens selbstverständlich auch in der Jugend- und Erwachsenenbildung gilt. Dadurch ergibt sich für uns, dass das Kontroversitätsgebot auch an der VHS Kolbermoor eingehalten werden muss. Das bedeutet im Klartext, dass Meinungen, die nicht eindeutig wissenschaftlich belegt oder eben kontrovers diskutiert werden, immer von der Gegenseite betrachtet werden müssen. Ferner stellte die Kultusministerkonferenz (KMK) klar, dass Lehrer und Schulleitungen fest zur Freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehen müssen.
Genau das haben wir bei Prof. Dr. Franz Ruppert in Frage gestellt und den abgeänderten Antrag der SPD mitgetragen.
Michael Hörl
Stadtrat
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