Bericht OV Kolbermoor Treffen 17.09.2024

Novelle Straßenverkehrsordnung vom Juli 2024

Die Fesseln sind gelöst

Die Veranstaltung der Grünen bot eine tiefgehende Analyse der historischen Entwicklungen der Verkehrsplanung in Deutschland, präsentiert von Stadträtin Andrea Rosner. Sie beleuchtete, dass bereits die ersten Gesetze zum Straßenverkehr aus dem Jahr 1914 den motorisierten Verkehr als „fließenden Verkehr“ priorisierten. Diese Grundsatzentscheidung hat bis heute Konsequenzen: So werden Maßnahmen wie die Einführung von Zebrastreifen oder Tempo-30-Zonen durch komplizierte Vorschriften erschwert, um den Autoverkehr nicht zu behindern. Lediglich bei einer „qualifizierten Gefahrenlage“, die in der Regel durch Unfallzahlen belegt werden muss, sind Anpassungen möglich. Selbst wenn Kommunen Verbesserungen für Fußgänger, Radfahrer oder den öffentlichen Nahverkehr umsetzen möchten, müssen sie oft aufwendig nachweisen, dass eine solche Gefahrenlage besteht.

Stadträtin Rosner führte konkrete Beispiele aus Kolbermoor an: So wird etwa eine Querung der Brückenstraße oft gewünscht, da sie eine logische Verbindung zum Mangfallradweg darstellt, jedoch aufgrund hoher Gefahrenpotenziale kaum genutzt. Eine reine Zählung der Nutzer würde hier keine realistische Bedarfsermittlung erlauben. An anderer Stelle, wie an der Kirche/Spinnereihof, gibt es trotz 100 Querungen pro Stunde nur eine Querungshilfe. Ein Zebrastreifen würde besonders Kindern, Senioren und Menschen mit Behinderung mehr Sicherheit bieten. Auch der Schulweg über die Fußgängerbrücke am Danielspark zur Hauptschule benötigt dringend eine markierte Querungshilfe an der Unteren Mangfallstraße, da die Einmündung sehr unübersichtlich ist.

Ein Hoffnungsschimmer ist die Reform des Straßenverkehrsgesetzes seit Juli 2024. Laut § 45, Absatz 7, können Kommunen nun verstärkt Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit ergreifen. Besonders der Schutz von Kindern, Senioren und Menschen mit Behinderung rückt dabei in den Vordergrund. Tempo-30-Zonen können künftig vor Schulen, Kindergärten, Pflegeheimen, Krankenhäusern und auf Schulwegen leichter angeordnet werden. Auch für den Radverkehr ergeben sich durch diese Reform neue Möglichkeiten: Auf der Aiblingerstraße etwa könnte Tempo 30 für eine sicherere Nutzung durch Radfahrer sorgen, wo aktuell der Platz für einen Radweg fehlt.

Darüber hinaus werden auch Klimaschutz, Gesundheitsschutz und eine nachhaltige Stadtentwicklung als legitime Gründe für verkehrspolitische Maßnahmen anerkannt. So könnten sicherere Schulwege die Gesundheit der Kinder fördern und den Autoverkehr verringern. Ebenso könnten durch weniger Flächenversiegelung die Auswirkungen des Klimawandels gemindert werden. Mehr Grünflächen, Parks und strengere Regelungen für das Anwohnerparken sowie höhere Parkgebühren bieten weitere Ansätze zur Verbesserung des städtischen Lebensraums.

Abschließend merkte Frau Rosner an, dass diese neuen Möglichkeiten ein Angebot darstellen, das erst in der Praxis umgesetzt werden müsse: „Das Gesetz muss mit Leben gefüllt werden. Aber in Zusammenarbeit mit der Verwaltung, dem Stadtrat und den Bürgern kann sich viel bewegen.“

Die anschließende Diskussion zeigte, dass sich viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer mehr Engagement für Fußgänger wünschen, da der Autoverkehr zunehmend als bedrohlich und aggressiv wahrgenommen wird. Wie bei vielen grünen Veranstaltungen stieß das Thema auf großes Interesse, und die zahlreichen Besucherinnen und Besucher äußerten ihren Wunsch nach schnellen Verbesserungen, besonders im Hinblick auf das neue Straßenverkehrsgesetz.

Zum Abschluss hob Else Huber hervor, dass man mit Stadtratsgremien und Mobilitätsbeauftragten in Zukunft mehr erreichen könne. Nicht unerwähnt bleiben soll, dass der neue Zebrastreifen am Bahnhof bereits eine echte Verbesserung für SchülerInnen und andere Bahnreisende darstellt.

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