80(!)…wer bietet mehr?

Auf der Tagesordnung der Stadtratssitzung am kommenden Mittwoch, den 22. Juli 2020, steht erneut das Bauvorhaben „Naturnaher Kindergarten“ an der Hölderlinstraße.

Nach dem Ups-Moment, bei dem in der Stadtratssitzung im Mai deutlich wurde, dass in naher Zukunft der Bedarf an Kindergartenplätzen nicht vollumfänglich gedeckt werden kann, soll nun die Planung des neuen, naturnahen Kindergartens an der Hölderlinstraße auf 80 Plätze erweitert werden.

Unabhängig davon, ob man den Standort auf wertvollem Wald- und Moorboden für bedauerlich, ärgerlich oder inakzeptabel hält, so wirft diese Größenordnung der Planung doch erhebliche Fragen auf: wie soll die beschauliche, durch ruhige Wohnbebauung gekennzeichnete Hölderlinstraße dem unausweichlichen Verkehrsaufkommen gewachsen sein? Der Stadtrat muss abwägen, ob es sich hier um eine geringe bis mittlere Beeinträchtigung des Schutzgutes Mensch/Anwohner durch Lärm handelt. Auch die Anfahrtsmöglichkeit mit dem Fahrrad oder Lastenrad bietet hier keine realistische Entlastung, mit der man ein gutes planerisches Gewissen erreichen kann, denn es entbehrt jeglicher Lebensrealität zu erwarten, dass berufstätige Eltern die Kinder zum Kindergarten radeln, dann nach Hause zurück kehren und mit erheblicher zeitlicher Verzögerung den Weg zur Arbeit antreten. Zum erhöhten Verkehrsaufkommen gesellt sich zugleich natürlich unweigerlich auch ein erhebliches Parkplatzproblem, denn die bislang verzeichneten Parkflächen des Kindergartens dürften mit gutem Willen und etwas Glück den Bedarf des Personals decken. „Ich geh‘ nur eben das Kind wegbringen…dauert nicht lange!“ ist zweifelsfrei der Satz, den jeder Garagenbesitzer am Morgen gerne hört. Auf Platz zwei der Hitliste folgt dann gewiss „Ich bin doch gleich wieder da.“

Wie bereits erwähnt ist die Standortwahl im unberührten Wald aus Sicht von Natur- und Arten- sowie Klimaschutz sowieso bedauerlich (ärgerlich, inakzeptabel). Kurios mutet dagegen die Planung der vorgeschriebenen Ausgleichsfläche an. Der Plan verzeichnet derzeit als Ausgleichsfläche den bereits bestehenden Spielplatz am Alten Tonwerk mit zugehörigem Lärmschutzwall. Es ist zwar richtig, dass sich an dieser Stelle Grünflächen befinden, jedoch lässt die Gegenüberstellung eines urwüchsigen Waldgebiets mit einer gestalteten und gepflegten Grünanlage ein leichtes (oder vielleicht doch eher gravierendes) Ungleichgewicht bezüglich der Biodiversität erkennen. Und es drängt sich unweigerlich ein weiterer Gedanke auf: ist der Spielplatz in seinem Fortbestand eigentlich nur gesichert, wenn er als Ausgleichsfläche „nützlich“ ist? Haben solche Anlagen nicht von sich aus Bestand, als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge und Ausgleichsflächen sind somit als AUSGLEICH an anderer Stelle einzurichten? Auf jeden Fall ist die aktuelle Planung an diesem Punkt erklärungsbedürftig und aus unserer Sicht zwingend verbesserungswürdig!

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