Kurzgeschichte zum Weltfrauentag

Gleich, gleicher, am gleichsten

Erschöpft lehne ich mich in meinem Stuhl zurück. Zum zweiten Mal kommt der Kellner und fragt mich, ob ich bestellen möchte. Ich werfe einen Blick auf mein Handy. Endlich eine Nachricht von meiner Schwester: Sie kommt zu spät. Ich seufze und nicke dem Kellner zu. „Ein stilles Wasser bitte. Mit dem Essen würde ich gerne noch warten.“ An den Nachbartisch setzen sich zwei Frauen. Sie bestellen Getränke und quatschen über verschiedenes. Ich versuche, nicht hinzuhören, da es mich streng genommen nichts angeht, aber sie bemühen sich auch nicht um leise Stimmen. Bei einem Satz horche ich dann doch auf. „Ich finde die Idee mit der Frauenquote irgendwie blöd.“, sagt die eine, eine hochgewachsene Brünette. „Das ist dann ja auch wieder eine Art Diskriminierung, nur eben in die andere Richtung.“ Ihre Freundin, eine dunkelhäutige junge Frau in ihren frühen Zwanzigern hält dagegen: „Finde ich nicht. Als Frau ist man automatisch benachteiligt. Die Frauenquote ist die einzige Möglichkeit, wie man Gleichberechtigung erreichen kann.“ „Ja, vielleicht.“, erwidert die Brünette. „Aber ist es dann nicht nur eine Gleichberechtigung nach außen? Genau dann wird doch nach Geschlecht ausgewählt und nicht mehr nach Leistungsfähigkeit.“ „Nicht unbedingt. Die Frauenquote sensibilisiert die Leute und diejenigen, die aufgrund von Vorurteilen einen Unterschied zwischen den Geschlechtern machen, müssen ihre Ansätze mal überdenken. Es kann immer noch nach Leistungsfähigkeit ausgewählt werden, es ist nur mehr Druck da, auch die Kompetenzen von Frauen anzuschauen und nicht nur die von Männern.“

Ich höre den beiden zu, wie sie diskutieren und fühle mich fehl am Platz und entfremdet. Nicht, weil ich das Gespräch nicht interessant, oder die Argumente schlecht finde, sondern weil sich mir eine einzelne Frage zu dem Thema stellt, nämlich: Warum ist es ein Thema? Mir ist klar, dass absolute Gleichberechtigung noch nicht eingetreten ist, aber warum eigentlich nicht? Ich für meinen Teil lebe im 21. Jahrhundert. Haben wir heute nicht andere Probleme als uns zu wundern, wo der Unterschied zwischen XX und XY liegt? Warum müssen wir zu Maßnahmen wie der Frauenquote greifen? Wie kommt es, dass die Gleichstellung von Mann und Frau in dieser Welt ein erkämpftes Privileg statt einer natürlichen Voraussetzung ist? Ich verstehe nicht, wieso wir heutzutage noch für Rechte kämpfen müssen, die selbstverständlich sein sollten. Haben nicht zahlreiche Situationen im Kleinen sowie im Großen gezeigt, dass eine Frau in einer wichtigen Position keine besseren oder schlechteren Entscheidungen trifft als ein Mann in entsprechender Position? Eine Person entscheidet besser oder schlechter als eine andere, aber ob diese männlich, weiblich oder non-binär ist spielt doch keine Rolle, das müssten wir als Gesellschaft inzwischen doch begriffen haben!

Ich werde aus meinen Gedanken gerissen als meine Schwester sich mir gegenüber auf den Stuhl fallen lässt. Sie pustet sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Tut mir Leid, dass ich zu spät bin. Gibt es was Neues?“ Ich seufze und sehe zum Nachbartisch. Ein seltsames Gefühl der Trauer überkommt mich. Ich will nicht für etwas kämpfen müssen, was allen zur Verfügung stehen sollte. Aber kämpfen werde ich, denn es ist nötig. „Nein.“, sage ich schließlich. „Etwas Neues sicher nicht.“

Autorin: C.Promberger, 17 Jahre alt, aus Kolbermoor

Verwandte Artikel